Jochen von Osterroth

Jochen von Osterroth

Jochen von Osterroth.

Liegt es nun an meinem Geburtsort Ebersdorf in der Nähe des Schleizer Dreiecks oder an meinem sechsjährigen Internats-Aufenthalt in Bad Neuenahr unweit des Nürburgrings: Mich hatte jedenfalls der Motorsport-Bazillus befallen. Daran war mein Groß-Onkel Dr. Dr. Walter Ottendorff-Simrock nicht ganz unschuldig. Dieser bekam als ehemaliger Bürgermeister und späterer Kurdirektor der Stadt vom ADAC-Nordrhein ab 1963 Ehrenkarten nicht nur für das Eifelpokalrennen. Als Schöngeist konnte der Nachfahre von Karl Simrock damit zum Glück nichts anfangen. Vorbei – zumindest für derartige Rennen – der Griff in die Trickkiste, sich irgendwie an die Strecke mogeln zu müssen. Mein Freund Hartmut Lehbrink, dessen „Hugo“, so ward sein mausgrauer VW-Standard genannt, ab 1963 als Transportmittel zu diversen Rennen in der Eifel und den Ardennen diente, schilderte in der August-Ausgabe von Auto-Bild-Klassik 2014 noch die Umstände, die mich im Vorjahr per Fahrrad zum 1000km-Rennen begleitet hatten: „Als Stammgast am Nürburgring – immer für lau natürlich – kreuzte der Untersekundaner Jochen am Streckenteil `Brünnchen´ auf, angetan mit einem blauen Blazer, auf dem das Emblem der `London Scottish Bowling Association´ zu sehen war. `Wir von der Rennleitung machen uns Sorgen´, sagte er leutselig zu dem Kartenverkäufer. `Irgendwo hier in der Nähe gibt es ein Loch im Zaun, wo ein paar Stinkstiefel ohne zu bezahlen durch robben. Ich schau `mal nach dem Rechten. Und schon war er drin.“

Bei jenem Eifelpokal-F3-Rennen, mit Mike Spence, Gerhard Mitter und Peter Revson in der ersten Startreihe, machte ich mich mit Mike und seinem Teamgefährten Peter Arundell bekannt. Mike stellte mir beim Eifelrennen im April 1964 – natürlich wieder mit einer Ehrenkarte für unbeschränkten Zutritt für Boxengasse und Startaufstellung ausgestattet – Jim Clark und Richard Attwood vor. So nebenbei lernte ich bei jenem Formel-2-Rennen auch Jochen Rindt kennen. Auch wenn sich der Zutritt zum GP von Belgien jenen Jahres noch etwas komplizierter gestaltete, hatten Hartmut und ich es geschafft, im Training bis in die Boxengasse zu gelangen. In einem Marathon 1967 – da war ich bereits bei der Luftwaffe, die ich später als Staffelchef und Hauptmann der Reserve abschloss – ging es von den 1000 km von Spa nach Monte Carlo zum GP, hier schon mit einer Pressekarte ausgestattet. Mein erstes Auto, ein Porsche 356B, trug dann Hartmut und mich nach Sizilien zur Targa Florio. In Palermo wurde der 356er mit einem Netz zunächst von Bord auf eine Rampe gehoben. Erst nach zusätzlicher Zahlung durfte er dann auf den Kai. Sozusagen eine Luxusabgabe, denn die einheimische Fiat-Armada durfte sofort in die Madonie ausschwärmen.

Fürst Metternich nahm jene Targa mit seinem privaten Mini-Cooper in Angriff. Sein Mitstreiter Wittigo Graf Einsiedel, auf den letzten Drücker von einem Geschäftstermin im Libanon eingetroffen, hatte keinen Helm dabei. Den lieh er sich von einem Beamten der Polizia Stradale aus. Hartmut und ich fungierten als Zwischenstopp-Helfer in den Bergen, ein feuchtes Handtuch,Weißbrot und einen Schluck Rotwein offerierend. Unweit unseres Standortes war der Mini früh ausgefallen, und der AvD-Präsident kam zu Fuß bei uns an. Am Streckenrand sitzend, warteten wir das Rennende mit dem Sieg unseres Freundes Paul Hawkins als Partner von Rolf Stommelen ab. Anschließend ergossen sich die Blechkolonnen der Fans – es sollen fast 600.000 gewesen sein – auf den Straßenkurs. Da ging nichts mehr! Plötzlich schlängelte sich ein Polizei-Vespa durch den Mega-Stau. „Paul Alfons, steig` auf, ich fahre Dich zurück.“ Es war Wittigo, der sich zu dem Helm auch noch das passende Zweirad ausgeliehen hatte. Der Fürst: „Wie hast Du denn das bewerkstelligt.“ Wittigo, dessen Schwestern mit meinem Onkel, dem ex-Luftwaffen-Generalmajor Fritz Prestien, eng befreundet waren: „Ich habe ihm gesagt, dass er eine Widmung von einem echten Principe bekommen würde.“ Metternich revanchierte sich bei uns mit Ehrenkarten für den GP von Deutschland, und so – wenn auch auf Umwegen – war ich voll in der Materie drin. Während meines Kunst-Studiums in Mainz verfasste ich für World News IMC in Luxemburg diverse Rennberichte, einschließlich der europäischen Grands-Prix.

Nach dem ersten Semester bekam der Stud. phil. von Osterroth einen Anruf von Wolfgang Rausch, damals Chefredakteur von „rallye racing“: Ich möge exmatrikulieren und mich in den nächsten Zug nach Kreiensen setzten. Dort würde ich mit einem Jaguar E-Type, dem 12-Zylinder natürlich, abgeholt, um in der Alfelder Redaktion zu wirken. Kurzes Volontariat und nach zwei Jahren bereits Ressortchef Motorsport! Zwei Monate lang mussten Wolfgang Sander, zuständig für Test und Technik, und meine Wenigkeit den Laden alleine schmeißen. Und wenn kein Ferdi Kräling bei einem Rennen als Fotograf verfügbar war, lag das Thema in unsere Hand. Da half der Verleger H.-G. Dobler mit seiner Leica aus. Diese samt Teleobjektiv wurde leider beim GP von Spanien in Barcelona gestohlen. Hartmut und ich hatte eine schicke Einladung angenommen. Sein Alfa Romeo, direkt vor dem Lokal parkend, war aufgebrochen wurden. Danach nahmen sich meine Foto-Ergebnisse etwas bescheidener aus. War freilich nicht schlimm, denn mit Ferdi und Rainer W. Schlegelmilch konnte das Blatt bei internationalen Veranstaltungen von einem exquisiten „Linsengericht“ goutieren!

Meine Jahre bei „rallye racing“ führten mich mit unzähligen Rennfahrern und auch sogenannten „Promis“ zusammen, gipfelnd in Freundschaften aber auch begleitet von Trauer über so manche Verluste. So lustig, wie ein Besuch meines Freundes Mario Andretti, der sich so nebenbei mit meiner Großmutter über Tomatenzucht unterhielt, der Abend auf dem Aldegundismarkt von Oberwesel ausklang, so betroffen hat mich der tödliche Unfall von seinem Teamgefährten Ronnie Peterson gemacht. Ronnie wurde in Monza wimmernd vor Schmerzen an mir vorbei getragen. Dass ich tags darauf seinen Nachruf schreiben musste, hat mich fast umgehauen. Ganz zu schweigen von dem Verlust eines Stefan Bellof, dessen Visier heute immer noch in meinem Bücherregal liegt. Wir hatten uns in Detroit ein Hotel-Zimmer geteilt, und bei der Abreise passte dieses nebst seinen Rennschuhen nicht mehr in seinen Koffer. Die Schuhe habe ich später dem Ring-Museum gestiftet.

Nach meiner Presse-Tätigkeit – Vorstandsmitglied der International Racing Press Association (IRPA) und deutschsprachiger Repräsentant der Presse-Kommission der FIA, Beiträgen in vielen Medien, so auch bei RTL, ZDF, sid und dpa – folgte 1985 der PR-Bereich für diverse Unternehmen, von großen Luftfahrtgesellschaften über den Foodbereich bis hin zur Zigaretten-Industrie. So betreuten Klaus Niedzwiedz und ich die Camel-Aktivitäten im Motorsport, zu denen auch gehörte, Michael Schumacher nach seinem Jordan-Debüt in das Benetton-Team zu hieven. Die Presse-Arbeit rund um das Camel-Engagement – auch bei H.-H. Frentzen, „Jockel“ Winkelhock oder Otto Rensing, um einmal deutsche Fahrer zu nennen – führte mich natürlich wieder in die vertraute Umgebung zurück. Schließlich hatte man es „dienstlich“ ja auch mit Camel-Piloten wie Ayrton Senna, Nelson Piquet, Nigel Mansell oder den Italienern Riccardo Patrese und Alessandro Nannini zu tun. Hinzu kamen noch Tätigkeiten der Programmheftgestaltung einiger GPs und DTM-Rennen hinzu. Zusammen mit dem Wiener Otto Burghardt 1987 die Pressestelle des GP von Deutschland zu leiten, war natürlich ungewöhnlich, da ich mich im Vorfeld um die Akkreditierungswünsche meiner ehemaligen Kollegen kümmern musste. Zwischenzeitlich hatte ich als PR-, Presse-, Werbe- und Sportchef von Kamei fungiert und ließ in manchen Jahren weit mehr als hundert Rennfahrzeuge im Kamei-Look laufen. Zu den persönlich gesponserten Fahrern gehörten auch Keke Rosberg, Stefan Bellof, Volker Weidler,“Poldi“ von Bayern und einige schnelle Ladies wie Annette Meeuvissen und Beate Nodes. Durch meine Arbeit für Becker Design blieb ich dem Motorsport weiter erhalten. Zusammen mit Hartmut als „Schreiberlinge“ des Mitherausgebers und Starfotografen Rainer W. Schlegelmilch erschienen viele Auto-Bücher in mehreren Sprachen. Als gleichzeitiger Buchillustrator, zuletzt für die Parragon Books Ltd., bekamen meine farbigen Autozeichnungen ein internationales Feedback. Seit zehn Jahren nun hat mich als „Oldie“ der historische Rennsport gefangen genommen, nachzulesen in diversen Publikationen wie derzeit CURBS. Schließlich kann man als Zeitzeuge aus dem „Nähkästchen“ plaudern. Mein Procar-Buch im View-Verlag – als einziger Journalist war ich bei allen Läufen der Procar-Serie 1979/1980 präsent – gehört mittlerweile zu den „ must have“ wie „Grand Prix 1961-1965“ oder „Sharknose“ im McKlein-Verlag. Ich erinnere mich noch, dass vor vielen Jahren ein Reinhard Klein uns bei „rallye racing“ mit Rallye-Fotos belieferte.

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