Der 13. Januar 1960 ist im deutschen Motorsport durchaus ein historisches Datum. An diesem Mittwoch hatte Wolfgang Graf Berghe von Trips im Haus des ADAC in Köln 21 Freunde versammelt, um die Scuderia Colonia zu gründen. Der Rennfahrer erläuterte damals in der Domstadt seine Ziele für gemeinsame Motorsportaktivitäten und seine Idee, dem Motorsportnachwuchs eine Basis zu geben. Es ging zudem darum, Kontakte zur Industrie zu schaffen und vorhandene Kontakte zu nutzen.
Zu den frühen Aktivitäten der Scuderia Colonia gehörte neben dem Formel-1-Engagement auch ein Nachwuchsprojekt, das Trips ins Leben gerufen hatte. In der Formel Junior sollte der TCA (Trips Colotti Auto-Union) eingesetzt werden. Der Wagen war leider nicht konkurrenzfähig. Das Projekt wurde relativ schnell wieder eingestellt. Zwei Fahrzeuge konnte man lange Zeit in der Villa Trips in Kerpen-Horrem im Automobilsport-Museum besichtigen. Dort stand auch das Kart, das Graf Berghe von Trips aus Amerika mitgebracht hatte und damit den Kartsport in Deutschland populär machte. Dies alles geschah im Gründungsjahr der Scuderia Colonia.
Zurück zur Kölner Gründungsversammlung und zur Idee, Unternehmen als Sponsoren für die geplante Vereinsarbeit zu gewinnen. Man muss sich vor Augen halten, dass zum damaligen Zeitpunkt Sachleistungen wie die Ölversorgung während der Saison schon etwas Besonderes waren und erste Sponsorengelder im drei- und vierstelligen D-Mark-Bereich gezahlt wurden.
Matthias Wasel, der als junger Mann Mitglied der Scuderia war, erhielt beispielsweise von Veedol für alle Läufe zur Deutschen Rundstreckenmeisterschaft und zur Deutschen Bergmeisterschaft kostenlos Öl zur Verfügung gestellt.
Dank besonderer Industriekontakte gab es auch die Möglichkeit, Rennfahrzeuge günstiger einzukaufen. So hatte Graf Berghe von Trips mit BMW München eine Vereinbarung für fünf BMW 700 getroffen. Die Fahrzeuge konnten mit 25 Prozent Rabatt erworben werden. Die Auslieferung der Fahrzeuge erfolgte in München gegen Barzahlung. Hubert Oebels, Gründungsmitglied der Scuderia Colonia, fuhr an einem Freitag im Januar 1961 mit 25.000 DM in der Tasche nach München und zahlte für die Autos. Da die Fabrik am Wochenende geschlossen war, wurden die Fahrzeuge für die Empfänger vor die Tür gestellt. Hubert Oebels bewegte seinen 700er auf eigener Achse nach Düren und litt 600 Kilometer lang unter der nicht vorhandenen Federung und einer nicht funktionierenden Heizung. Das Ganze war schließlich ein Sportfahrzeug. Bei der Ankunft in Düren stellte sich schließlich heraus, dass es zwar Heizungsschalter gab, aber die Heizungsanlage ganz ausgebaut war. Auch 1961 wusste man schon, was Leistungsgewicht bedeutet.
Die Scuderia wurde in den Monaten nach der Gründung weltbekannt, weil Graf Trips auf seinem Racemaster-Helm das Logo der Scuderia trug und bei allen Rennen, die er international fuhr, ausschließlich Werbung für seine Renngemeinschaft machte. Es gab noch keine teuer zu erkaufenden Sponsoren-Logos. Graf Trips trug übrigens diesen einen einzigen Helm während einer ganzen Saison. Das Logo der Scuderia Colonia war von Ernst van Husen entwickelt worden. Van Husen, ebenfalls Gründungsmitglied und langjähriger Freund von Graf Trips, war damals ein bekannter Kölner Werbegrafiker. Er hatte auch das Logo für das TCA-Projekt entwickelt. Auf einem historischen Dokument ist ein Vorschlag von Graf Trips zu sehen, der Ernst van Husen anregte, die Auto-Union-Kreise zu integrieren.
In den Monaten nach der Gründung bemühten sich viele junge Leute um die Mitgliedschaft in der Scuderia Colonia. Diese war allerdings nur erfolgreichen, aktiven Rennfahrern vorbehalten, die sich um eine Mitgliedschaft „verdient“ gemacht haben mussten. So hat es bis heute, viele Jahrzehnte nach der Gründung, nur rund 350 Mitglieder gegeben. Ehrenmitglieder aus dem sportlichen Bereich sind unter anderem Hans Herrmann und Hubert Hahne.
Die Entwicklung der Renngemeinschaft wurde 19 Monate nach der Gründung vom tragischen Unfalltod ihres Initiators in Monza überschattet. Graf Trips hätte bei diesem Großen Preis von Italien 1961 der erste deutsche Weltmeister der Formel 1 werden können. Mit seinem Ferrari 156 hatte er in der laufenden Saison bereits die Rennen in Zandvoort und Aintree gewonnen. In Monza kollidierte Trips in der zweiten Runde mit Jim Clark.
Am 14. September wurde der Gründervater der Scuderia Colonia unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Friedhof seiner Heimatstadt Horrem beigesetzt. Roy Salvadori, Hans Herrmann, Edgar Barth, Phil Hill, Richie Ginther und Joakim Bonnier hielten die Totenwache. Für Motorsportbegeisterte – nicht nur in Deutschland – ging in jenen Tagen eine Epoche zu Ende.
Bis heute treffen sich die Mitglieder der Scuderia Colonia am ersten Mittwoch eines Monats, um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam an Motorsportprojekten zu arbeiten. So gab es auch im Jubiläumsjahr 2010 ein Nachwuchsförderprojekt, das jungen Fahrern helfen sollte, die ersten finanziellen Hürden zu nehmen.
Eine Tradition ist mittlerweile auch die Scuderia Colonia Classic, eine Oldtimer-Rallye, die seit Jahren durchgeführt wird. Im Jubiläumsjahr wurde sie als Zwei-Tage-Veranstaltung am 22. und 23. Mai mit Start und Ziel am Nürburgring gefahren.
Nach wechselnden Standorten trafen sich die Mitglieder der Scuderia Colonia viele Jahre in der Villa Trips. Die Villa Trips war der Altersruhesitz der Eltern von Graf Berghe von Trips. Sie liegt in unmittelbarer Nähe der Burg Hemmersbach, dem Stammsitz der Familie, und war bis 2019 ein Museum für Rennsportgeschichte. Zu sehen war hier auch der Racemaster-Helm des Ferrari-Piloten mit dem Logo der Scuderia Colonia.
Regelmäßiger Gast bei den Clubabenden ist nach wie vor Gründungsmitglied Hubert Oebels. Auch Elfriede Floßdorf, die frühere Privatsekretärin von Graf Berghe von Trips, nahm immer an den Treffen teil. Sie starb im Januar 2016.
Mit Elfriede Floßdorf verlor die Scuderia Colonia eine der letzten Zeitzeuginnen, die Wolfgang Graf Berghe von Trips persönlich gekannt und seinen Werdegang in der zweiten Hälfte seiner Karriere wesentlich begleitet hatte. In ihrem persönlichen Archiv hatte sie immer auch ein Muster der Aufnäher mit dem Logo der Scuderia Colonia aufbewahrt, die Trips für die Clubbekleidung in Italien bestellt hatte. Ihm war es leider nicht mehr vergönnt, diese Clubkleidung zu tragen. Die Mitglieder des Vereins aber sind noch heute sehr stolz darauf, das Club-Emblem zeigen zu können.