ADAC-1000-km-Rennen auf dem Nürburgring

Ferrari, Porsche, Ford, Jaguar, Maserati, Alfa Romeo und Aston Martin: Das sind nur einige der klangvollen Namen von Sportwagen-Herstellern, die sich in der Markenweltmeisterschaft spannende Duelle lieferten. Zwischen 1953 und 1991 hatte das 1000-km-Rennen auf der Nordschleife des Nürburgrings seinen festen Platz im Terminkalender dieses Championats. Von 1962 bis 1972 sah ich alle Sportwagen-WM-Läufe auf der Nordschleife - Rennen, die mich und Hunderttausende von Fans begeisterten. Das war Motorsport pur ...

VIII. 1000-km-Rennen - 27. Mai 1962

1000km 1962

Schier unerschöpflich ist bekanntlich das Wetterrepertoire des Nürburgrings. Dieses Mal zeigte er sich von seiner garstigsten Seite: Kälte, Nebel, Regen und Hagelschauer machten Fahrern, Wagen und Zuschauern zu schaffen. Dem allgemeinen Enthusiasmus tat das keinen Abbruch. Mehr als 360.000 waren angereist, in über 100.000 Autos, wie der ADAC schätzte. Sie mussten gute siebeneinhalb Stunden ausharren, zuzüglich der Zeit, die mit der Suche nach einem optimalen Platz und dem Stau nach dem Rennen draufging. Die „1000 Kilometer“ in der Eifel waren ein Magnet.

Genau ein Viertel der 44 Runden narrte ein Winzling in kleidsamem Lotus-Grün die großen Sportwagen und Prototypen, hängte die Verfolger über eine Minute ab, mit anderthalb Litern und mickrigen 110 PS. Die scheinbare Sensation war drei Faktoren geschuldet: der Fahrkunst Jim Clarks, der enormen Handlichkeit seines Lotus 23 – und der nassen Strecke. In Durchgang zwölf trocknete sie ab, ein Gang sprang heraus, ein gerissener Auspuff pustete seinen giftigen Inhalt ins Cockpit. Sanft benebelt geriet Clark im Streckenteil „Hatzenbach“ von der Bahn, die Nummer 84 überschlug sich und verschwand von der großen Anzeigetafel bei Start und Ziel, ohne dass dem Piloten ein Leid geschah.

Anschließend folgte, was zu erwarten war: Die Ferrari-Superriege Phil Hill und Olivier Gendebien mit dem Dino 246SP (markantes Merkmal: die Doppelnüstern) verwaltete einen kommoden Vorsprung bis ins Ziel, fast zweieinhalb Minuten vor Willy Mairesse und Mike Parkes im Vierliter-Prototyp 330 GTO der SEFAC aus Maranello. Nur vier Runden lang sorgte Schwesterfahrzeug Dino 268SP für beste Unterhaltung, der unter den wilden mexikanischen Brüdern Ricardo und Pedro Rodriguez eigentlich nirgends richtig geradeaus zeigte. Dann kam Pedro, der Ältere, endgültig vom rechten Weg ab.

Der nächste Platz ging an Porsche, den ewigen David jener Jahre im Kampf gegen die Goliaths, das 718-8 WRS-Coupé unter Hans Herrmann und Star-Gast Graham Hill. Porsche-Rennleiter Huschke von Hanstein hatte den schnauzbärtigen Briten per Handschlag für dieses Event gewinnen können – andere Zeiten, andere Bräuche.

IX. 1000-km-Rennen - 19. Mai 1963

1000km 1963

Drei Phasen ließen sich in diesem neunten 1000-Kilometer-Rennen des ADAC am Nürburgring ausmachen: viel Abwechslung bis zum 15. Durchgang, Drama bis zum 20, ab dann Eintönigkeit.

Aus der Startrunde kehrte Peter Lindner im trefflich präparierten silberweißen Jaguar Lightweight E-Type als Erster zurück, die im Doppelpack folgenden Ferrari 250P unter John Surtees und Ludovico Scarfiotti bereits formatfüllend in den Rückspiegeln. Ab Runde zwei führte das Duo unangefochten, auch nach der Schichtablösung durch Willy Mairesse und Mike Parkes.

In der 15. meldete der Außenposten vom Arenberg eingangs der sogenannten „Poststraße“ schier Unglaubliches. Parkes hatte einen kühnen Überholvorgang eingefädelt, geriet ins Schleudern und amputierte an der Unterführung dort ein Rad. Mairesse, gleich dahinter, touchierte den Havaristen, zog sich Blechschäden und einen Plattfuß zu und montierte eilig das Reserverad, welches das Reglement in jenen Jahren vorsah. In langsamer Fahrt machte sich der Belgier auf den Weg zu Start und Ziel, ließ die Aufhängung des roten Spiders nachsehen und nahm mit sechs Minuten Rückstand die Jagd auf die Spitze auf. Zwei Drittel des Rennens standen noch an.

Nun führte Phil Hill als Gast im Cockpit des Porsche 718 Coupés mit der Startnummer 100, befeuert von dem Zweiliter-Achtzylinder der Marke und den besten Wünschen der höchst parteiischen Zuschauer. Fünf Runden später überbot der Reporter am Arenberg, dem an diesem Tag offenbar die Rolle des Überbringers schlimmer Nachrichten in der griechischen Tragödie zufiel, seine frühere Ansage noch. Hill war ausgangs der Rechtskurve in den Graben gerutscht und vermochte den Porsche nicht mehr flottzumachen. Der Weltmeister von 1961 hatte sich vertan, versehentlich vom fünften in den zweiten Gang zurückgeschaltet. Ein Aufschrei ging um den Kurs, die ersten Zuschauer brachen auf.

Ins Ziel führte mit mehr als sieben Minuten Vorsprung der sanft ramponierte Wagen von Surtees/Mairesse mit dem Briten am Lenkrad, gefolgt vom top-platzierten GTO unter der bewährten Besatzung Pierre Noblet/Jean Guichet. Die Vierfach-Riege Hans-Joachim Walter/Ben Pon/Edgar Barth/Herbert Linge passierte mit ihrem Porsche 356 B Carrera, dem sogenannten „Dreikantschaber“, die schwarz-weiß karierte Flagge als Vierte – eingebettet in sieben Ferrari.

X. 1000-km-Rennen - 31. Mai 1964

1000km 1964

An drei Fronten sammelte Ferrari in jenen Jahren Siege, in der Formel 1, bei den Sport- und bei den GT-Wagen. Zwischen 1962 und 1965 war der Nürburgring für die Renner aus Maranello eine sichere Bank, mit vier Erfolgen bei den „1000 Kilometern“ und zwei gewonnenen Großen Preisen. Überdies hatte die SEFAC – Scuderia Enzo Ferrari Automobili Corsa – mit dem siebenfachen Motorrad-Champion John Surtees einen Fahrer angestellt, der die Nordschleife beherrschte wie Niccolò Paganini seine Stradivari. Die Zuschauer liebten ihn. Der Ruf „Surtees fährt!“ machte selbst nach sieben Stunden noch die Müden munter.

Beim Jubiläumsrennen am 31. Mai 1964 drohte den Roten Ungemach von zwei Seiten, gleichsam von oben und unten in der Hubraum-Hierarchie. Ford hatte einen Prototyp des GT40 zum „Ring“ entsandt, gelenkt von den Top-Piloten Phil Hill und Bruce McLaren. Obwohl es sich bei dem grollenden US-Coupé in vieler Hinsicht um eine rasende Baustelle handelte, lieferten die beiden prompt: zweitbeste Trainingszeit, wacker an der Spitze mitgehalten, bis der Wagen in Runde 14 mit einem Schaden an der Aufhängung verendete.

Porsche hatte sich mit seinen agilen Achtzylindern zu einem ernsthaften Gegner gemausert. Einen zerstörte indessen der routinierte Edgar Barth am Ende des Trainings in der Südkehre auf Grund einer Unachtsamkeit. Der andere, mit Jo Bonnier und Richie Ginther am Volant, landete auf Rang fünf nach einem wechselvollen Rennschicksal. Die Ehre des Hauses wurde gerettet durch den dritten Platz für das Team Ben Pon/Gerhard Koch im 904 des Racing Team Holland. Die beiden besten Plätze aber waren reserviert für Ferrari, den 275P für Ludovico Scarfiotti und den sizilianischen Schullehrer Nino Vaccarella und den GTO/64 mit Mike Parkes und Jean Guichet.

Über weite Strecken geriet das Rennen zur Einmannshow des John Surtees, der jedoch diesmal, den Sieg vor Augen, bei Nässe hinter der Brücke an der Quiddelbacher Höhe von der Bahn rutschte. Ein Raunen ging auch durch die Menge, als Innes Ireland im Laufschritt an den Boxen erschien. Sein Auto, der 275P des englischen Ferrari-Händlers Maranello Concessionaires, war einen halben Kilometer vor dem Zielbereich ohne Sprit stehengeblieben. Den Sprint zurück besorgte Graham Hill, der andere Fahrer, in der Hand einen vollen 20-Liter-Kanister. In strikter Auslegung der Regeln machte die schwarze Flagge schließlich der Episode ein Ende.

XI. 1000-km-Rennen - 23. Mai 1965

1000km 1965

Das Duell Ford gegen Ferrari, von einigen Wortkünstlern zum „Krieg der Kontinente“ oder „Amerika versus Europa“ stilisiert, wurde beim elften 1000-Kilometer-Rennen in der 16. von 44 Runden entschieden. Die beiden führenden Ferrari heulten einsam und unbehelligt von amerikanischer Grobmotorik über die Zielgerade und konnten sich von nun an die verbleibende Zeit klug einteilen.

Quälende Minuten später verkündete Streckensprecher Richard von Frankenberg auch warum, und dann sahen es die vielen Zuschauer im Start und Zielbereich selbst: Chris Amon stemmte den verbliebenen Werks-Ford GT40 – eingesetzt von der Shelby American Inc. – per Muskelkraft an die Box. 500 Meter zuvor war dem 5,3-Liter-Trumm das Benzin ausgegangen, die Steigung vor dem Dunlop-Turm für den Neuseeländer zum Passionsweg geworden. Ein Viertelliter, errechnete von Frankenberg, hätte gefehlt.

Das Schwesterfahrzeug mit den beiden GP-Fahrern Phil Hill und Bruce McLaren war schon aus der siebenten Runde nicht mehr zurückgekehrt, lahmgelegt durch eine defekte Antriebswelle. Wie gewohnt glänzte hingegen John Surtees, der in seinem Ferrari-Prototyp 330P2 im Nu mit geradezu spielerischer Leichtigkeit einen Riesenabstand zu den anderen herstellte. Ein Indiz für die Überlegenheit des Briten: dass er von seiner Trainingsbestzeit von 8‘53‘‘1 bereits in der zweiten Runde zweieinhalb Sekunden herunterschliff, mit fast vollem Tank.

Happy End für die Roten: Doppelsieg von Surtees/Ludovico Scarfiotti und Michael Parkes/Jean Guichet (im 275P2) nach einer Fahrzeit von unter sieben Stunden. Porsche war in Gestalt des Leichtgewichts Dino 166P bei den Prototypen bis zwei Liter Hubraum ein formidabler Gegner erwachsen. Dennoch spülte die Dynamik dieses Rennens den 904 Achtzylinder mit Jo Bonnier und Jochen Rindt auf Platz drei vor dem flinken kleinen Ferrari, der von Lorenzo Bandini und Nino Vaccarella gefahren wurde.

Bemerkenswert auch an diesem Tag: der siebente Rang für das Shelby Cobra Daytona Coupé von Jochen Neerpasch und Bob Bondurant – ein wichtiger Baustein für das GT-Championat jenes Jahres.

XII. 1000-km-Rennen - 5. Juni 1966

1000km 1966

Am ersten Junisonntag des Jahres 1966 nahm der „Renn-Krieg“ Amerika gegen Europa eine gänzlich unerwartete Wendung. Sieger des zwölften 1000-Kilometer-Rennens auf „der schönsten und schwierigsten Strecke der Welt“ wurde ein schneeweißes Automatik-Coupé made in Texas, gefahren von den gestandenen Piloten Phil Hill und Joakim Bonnier, hergestellt von dem gut betuchten Freundespaar Jim Hall und Hap Sharp. Der Name des US-Renners, den meisten Zuschauern bislang kein Begriff, war genauso exotisch wie das Fahrzeug selbst. Denn der Chaparral, zu Deutsch: Großer Rennkuckuck, haust fern der „Grünen Hölle“ im Südwesten der Vereinigten Staaten. Nun kannten ihn alle.

Der Chaparral 2D Chevrolet war unter 76 gestarteten Wagen an diesem Wochenende der einzige, der das Sternenbanner hochhielt. Die Siebenliter-Ford glänzten durch Abwesenheit wie bereits bei der Targa Florio Anfang Mai. Le Mans – 14 Tage später – war wichtiger, der „Ring“ wie auch die Madonie an der sizilianischen Nordküste nicht unbedingt ihr idealer Tummelplatz. So schien der Boden bereitet für den üblichen Ferrari-Sieg.

In der Tat hatte John Surtees im aktuellen 330P3 in seinem vorletzten Rennen für die Scuderia scheinbar alles im Griff: Trainingsbestzeit mit 8‘31‘‘9, wie im Vorjahr Rekordrunde dieser 1000 Kilometer im zweiten Durchgang mit 8‘37‘0. Doch diesmal folgte auf den frühen Glanz das Elend für den Wagen mit der Startnummer 1: Boxenstopp in der sechsten Runde, Austausch des Stoßdämpfers hinten links, Verweildauer acht Minuten; Boxenstopp in der 18. Runde, neuer Stoßdämpfer hinten rechts, was zehn Minuten kostete; endgültiges Aus in der 37. Runde. Da rollte Surtees‘ Kompagnon und Erzfeind Mike Parkes vorbei, brüllte „Kein Kupplungsspiel“, und gleich darauf verschwand der rote Spider auf dem Abstellplatz.

Genugtuung wurde der SEFAC dennoch zuteil. Schon bei Halbzeit meldete die große Anzeige bei Start und Ziel die beiden Dino 206S mit Ludovico Scarfiotti/Lorenzo Bandini und Pedro Rodriguez/Richie Ginther (im Wagen des North American Racing Team) auf den Plätzen zwei und drei. Dabei blieb es. Der erste Porsche 906 traf erst knapp sieben Minuten später ein.

XIII. 1000-km-Rennen - 28. Mai 1967

1000km 1967

Drei Boxentafeln, von den Porsche-Mechanikern zur Information ihrer Piloten hinausgehalten, erzählten gleichsam in Kurzschrift die Geschichte dieses Nürburgring-Rennens am 28. Mai 1967: Lola ex, Chap ex, Mira ex!

Die Stuttgarter waren mit einem großen Aufgebot am „Ring“ angereist, drei 2,2-Liter Achtzylinder, die gleiche Anzahl von Zweilitern mit sechs Zylindern, alle mit dem Chassis des 910. Viele Hunde sind bekanntlich der Hasen Tod – bildlich gesprochen. Und auch: Der Hasen waren nur wenige, allen voran das hoch beflügelte weiße Automatik-Coupé Chaparral 2F mit mächtigen sieben Litern und robusten 570 PS für Mike Spence und Phil Hill, der prompt die Pole-Position-Zeit von 8‘31‘‘9 ablieferte. Eine neue Schikane vor der Einfahrt zur Zielgeraden hatte den Kurs um zehn Sekunden langsamer gemacht.

Ebenfalls im schmalen Zirkel der Favoriten: John Surtees, Zweiter im Training und diesmal im blauen Lola T70 Mk3 unterwegs, im Heck einen potenten V8 von Aston Martin. Und die Mannschaft Jacky Ickx/Richard Attwood im Mirage des Aufgebots von John Wyer, nur Neunter in der Qualifikation, aber immerhin Siegerwagen von Spa am Beginn des Monats.

Ferrari fehlte – bis auf einen auf 2,4 Liter aufgebohrten Dino, den Rennleiter Franco Lini zum Training mitbrachte und wieder nach Maranello mitnahm, ohne dass er im Rennen eingesetzt wurde. Die Scuderia bereitete sich penibel auf Le Mans vor, eine weitere Niederlage gegen Ford, wie sich erweisen sollte.

Lola ex: nach der sechsten Runde, mit einem Schaden an der Aufhängung. David Hobbs, der zweite Pilot, war gar nicht erst zum Einsatz gekommen. Chap ex: nach der zehnten Runde. Spence quälte sich nach dem Fahrerwechsel gerade mal bis auf die Gegengerade. Irgendetwas in der Getriebeautomatik des Chaparral muckte auf. Zu Beginn der neunten Runde hatte sich Phil Hill nach einem zögerlichen Start die Spitze von Porsche-Fahrer Jo Siffert geholt. Und Mira ex: In Durchgang 30 zischte die Luft aus den beiden rechten Reifen des Mirage. Attwood war zu nahe an die steinige Kante gekommen, die den „Ring“ damals noch säumte.

Von da an stand einem Vierfachsieg der Porsche nichts mehr im Wege, allen voran Udo Schütz/Joe Buzzetta, Paul Hawkins/Gerhard Koch und Jochen Neerpasch/Vic Elford in ihren 910-Zweilitern.

XIV. 1000-km-Rennen - 19. Mai 1968

1000km 1968

Erfolg macht bekanntlich Lust auf weiteren Erfolg, umso mehr, wenn dahinter ein so kraftvoller Motor wie der ehrgeizige Porsche-Entwicklungsleiter Ferdinand Piёch steht. Nach dem Vierfachsieg von 1967 entboten die Stuttgarter fünf Werkswagen zur 14. Auflage des 1000-Kilometer-Rennens auf dem „Ring“, zwei 908 mit dem neuen Dreiliter-V8 im Einklang mit dem aktuellen Regelwerk der FIA, zwei 907 mit dem 2,2-Liter Sechszylinder-Boxer sowie einen 911 für den Langstrecken-Spezialisten Jean Guichet und den Skirennfahrer Jean-Claude Killy, der schon bei der Targa Florio 1967 einen „Elfer“ gelenkt hatte.

Zwei potentielle Rivalen eliminierten sich selbst bereits im Training mit furchterregenden Stürzen bei hohem Tempo – Henri Grandsire (der Michel Vaillant der französischen Comic-Serie) im Alpine A220, Chris Irwin mit dem schön gerundeten, aber aerodynamisch instabilen Ford Prototyp F3L P68 in einem Unfall, der seine Karriere beendete. Blieben die beiden Ford GT40 von John Wyer Automotive Engineering, vor allem das Exemplar von Jacky Ickx und dem Vorjahres-Zweiten Paul Hawkins.

Die Trainingsbestzeit von 8‘32‘’80 ging auf das Konto von Rolf Stommelen im Porsche 907, die Führung in den ersten Runden an Gerhard Mitter im 908, den er – so lautete der Plan – mit Ludovico Scarfiotti teilen würde. Sie endete nach der fünften Runde wegen eines gebrochenen Chassis, so schien es.

Dann kehrte Langeweile ein. An der Spitze lag nun und verblieb der 908 von Jo Siffert/Vic Elford, im Training nur 27. Nach einem Drittel des Rennen war die Reihenfolge der ersten Fünf bis ins Ziel bezogen, im Sandwich von vier Porsche und einem Alfa Romeo T33/2 an dritter Stelle der Ford von Ickx/Hawkins. Der Belgier hatte beim letzten Le-Mans-Start in der Geschichte der „1000 Kilometer“ in der Eifel in aller Ruhe die Sicherheitsgurte angelegt. Der Australier Hawkins fuhr wesentlich langsamer und wurde von Team und Teamgefährten dafür schmählich gerügt. Eine Untersuchung des von ihm benutzten Satzes Reifen rehabilitierte ihn später: Dabei war auch ein Schleichplattfuß gewesen.

XV. 1000-km-Rennen - 1. Juni 1969

1000km 1969

Rennleiter Erwin Illg führte die 65 Wagen in einem Mercedes SL „Pagode“ über die nördliche Kurzanbindung gemächlich auf die Zielgerade, Fünffach-Champion Juan Manuel Fangio senkte die Fahne, und ab ging die Post. Die Show war dramatisch geblieben, der Ausgang des Rennens aber wieder vorhersehbar wie in den Ferrari-Jahren 1962 bis 1965.

In der Ära Piёch war Porsche der Rolle des Underdogs müde und setzte nach den Mehrfachsiegen 1967 und 1968 am „Ring“ zum dritten Paukenschlag an. Mit sechs Werks-Spydern vom Typ 908/2 war man auf der sicheren Seite, drei in der gewohnten rundlichen „Sebring“-Form, drei neue mit hochgezogenen Seitenteilen, schmaleren Spoilern und ohne bewegliche Klappen, auf der Geraden bis zu 20 km/h schneller.

Einen davon zertrümmerte Jo Siffert beim Vortraining auf der Südschleife. Flugs „borgte“ man ein identisches Exemplar von der Salzburger Porsche-Tochter und setzte das Gespann Siffert/Brian Redman darauf. Die Chassisnummern wurden ausgelost, um Eifersüchteleien unter den Fahrern vorzubeugen.

Die Story des Rennens ist rasch erzählt. Die Pole-Position lieferte Siffert in fast exakt acht Minuten. Gerhard Mitter erwischte mit der Nummer 2 den besten Start, führte auch eine glorreiche Runde lang, bis ihn der Schweizer auf der Döttinger Höhe überholte und bis zum Ende an der Spitze verblieb, kongenial unterstützt von Redman. Vier weitere 908/2 unterfütterten diesen Erfolg.

Der einzige erschienene Ferrari 312P wurde von der Porsche-Übermacht fast zermahlen und überdies von etlichen Radschäden heimgesucht Erst an achter Stelle rollte der „Weiße Riese“ ins Ziel, ein Porsche 917 praktisch im Versuchsstadium und bockig wie ein gereizter Kampfstier. Keiner der Werkspiloten mochte ihn fahren. Schließlich gewann Rennchef Rico Steinemann per Telefon den Briten David Piper, der seinerseits seinen rasch aktivierten Freund Frank Gardner mitbrachte. Die beiden gingen es behutsam an, was sich allerdings auch wirklich empfahl.

XVI. 1000-km-Rennen - 31. Mai 1970

1000km 1970

Und wieder ein Porsche-Triumph: Vic Elford/Kurt Ahrens und Hans Herrmann/Richard Attwood vor John Surtees/Nino Vaccarella im Ferrari 512S. Es war der vierte in Folge. Monotonie drohte, ja eine Hegemonie der Marke wie bald darauf bei der CanAm-Serie. Zum Schaden des Sports, wie die Kritiker moserten.

Mit dem federleichten und wieselflinken 908/3 hatten die Stuttgarter überdies ein Gerät geschaffen, das dem Nürburgring wie auf den Asphalt geschneidert war. Mit seiner Trainingsbestzeit von 7‘43‘‘3, sechs Sekunden schneller als er selbst bei Versuchsfahrten im vergleichsweise plumpen 917, 15 Sekunden schneller als Jacky Ickx bei Tests mit dem Ferrari 512S, hätte Jo Siffert beim deutschen Grand Prix des Vorjahres in der ersten Startreihe gestanden.

Unter dem scheinbar Offensichtlichen und der fahlen Statistik der bloßen Reihenfolge aber brodelte es, und zwar so, dass der kundige Zuschauer in jenen Tagen durchaus mit bestem Entertainment versorgt wurde. Da war die knisternd spürbare Rivalität der Porsche-Fraktionen J. W. Automotive Engineering und Porsche Konstruktionen KG. John Wyer, ein Mann von Aussehen und Gebaren eines friderizianischen Generals, hatte sich im Besitz des Alleinvertretungsrechts für die Zuffenhausener gewähnt. Dann war ihm zu seiner Überraschung die zumindest gleichberechtigte Salzburger Filiale an die Seite gestellt worden. Hinter dieser stand mit Ferdinand Piёch eine nicht minder starke Persönlichkeit. Dass die beiden einander nicht riechen konnten, war ein offenes Geheimnis. Und: Da war das Dauerduell der Wyer-Stars Pedro Rodriguez und Jo Siffert, das anfänglich zugunsten des Eidgenossen auszugehen schien.

Diesmal jedoch erlebte die erfolgsverwöhnte englische Equipe John Wyer Automotive im ikonischen Blau-Orange ein rabenschwarzes Wochenende. Der Doppelsieg ging auf das Konto der österreichischen Kollegen, ihre eigenen beiden Fahrzeuge fielen aus – Rodriguez/Leo Kinnunen durch einen Unfall des Finnen in der zwölften Runde bei Kilometer 11,3, Siffert/Brian Redman wegen Motorproblemen bei Halbzeit. Schon vorher hatte Wyer voller Verdruss zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Salzburger ihn mit einer taktischen Finesse ausgebremst hatten: Ihre Wagen wurden mit zwei Schläuchen viel schneller betankt als seine mit nur einem.

XVII. 1000-km-Rennen - 30. Mai 1971

1000km 1971

„Andiamo dormire“, schlug Ferrari-Chefkonstrukteuer Mauro Forghieri lakonisch vor – gehen wir schlafen. Gegen Ende der ersten Halbzeit des 17. 1000-Kilometer-Rennens am Nürburgring war der rote 312 PB von Jacky Ickx und Clay Regazzoni, bisher der Schnellste im ganzen Land, in einer blauen Wolke angerollt. Still hatte sich eine Wasserlache unter dem Auto ausgebildet, im Hitzestau beim Halten fraß ein Kolben.

Nach sieben Runden mit gebrochenem Chassis ausgefallen war bereits der Porsche 908/3 mit dem Wyer-Tandem Jo Siffert/Derek Bell. Nach Runde 14 hatte Nanni Galli den Spitzen-Alfa-Romeo T33/3, den er mit Rolf Stommelen teilte, waidwund bei Autodelta-Rennchef Carlo Chiti abgeliefert. Ein Motorschaden, vermutlich viel zu hoch gedreht.

Der 908/3 von Vic Elford/Gérard Larrousse (Porsche Salzburg) setzte sich Runde für Runde von dem 908/3 mit Pedro Rodriguez und Jackie Oliver (John Wyer Automotive) ab, die sich über unberechenbares Handling beschwerten. Der Mexikaner hatte allerdings auch wirklich einen schwachen Tag wie manchmal am Nürburgring. Hinter ihm fuhr Helmut Marko, von Porsche Salzburg mit dem Holländer Gijs van Lennep zusammengespannt, das Rennen seines Lebens, hobelte pro Durchgang 20 Sekunden von Rodriguez‘ Zeiten herunter und lief schließlich auf ihn auf.

Ihn einzuholen war eine Sache, ihn zu passieren eine andere, da der Wyer-Porsche plötzlich enorm breit wurde. Im Ziel trennte die beiden eine Zehntelsekunde. Marko tobte. Vic Elford hingegen hatte nicht nur seine dritten „1000 Kilometer“ in der Eifel gewonnen, sondern für Porsche auch die dritte Markenweltmeisterschaft hintereinander abgesichert, obwohl noch drei Raten ausstanden. Die Plätze vier und fünf belegten zwei Tipo 33/3 – ein verdienter Lohn nicht zuletzt für Beständigkeit. Alfa Romeo war wieder zu einer Kraft geworden, mit der man rechnen musste.

XVIII. 1000-km-Rennen - 28. Mai 1972

1000km 1972

Zwei Dinge spielten dem greisen Enzo Ferrari in diesem Jahr in die Karten: eine deftige Finanzspritze der Konzernmutter Fiat in Höhe von sechs Milliarden Lire (ungefähr 35 Millionen Mark/17,9 Millionen Euro) und neue FIA-Regularien, die den Hubraum für Sportwagen im Rahmen der Marken-WM bei drei Litern einhegten. Diese höchst willkommene Nachbarschaft zur Formel 1 gestattete dem Commendatore ein ergiebiges Baukastensystem.

Im Grunde handelte es sich bei dem aktuellen Ferrari-Zweiplätzer 312PB um einen verkappten Grand-Prix-Rennwagen, 800 kg leicht, 480 PS stark, spärlich bekleidet mit einer dünnen und überaus windschlüpfigen Kunststoffhaut. Nur: Während die GP-Monoposti der Scuderia seit Zandvoort 1971 eher lahmten, hatten ihre Gruppe-5-Autos die Weltmeisterschaft der Marken fest im Griff. Eine Phalanx von zehn Spitzenfahrern ließ Doppelsiege im Zeichen des tänzelnden Pferdchens auf die Konkurrenz niederhageln.

Die 1000 Kilometer am „Ring“ versprachen dennoch Abwechslung, nicht zuletzt nach der vergleichsweise reizlosen Kost der vergangenen Jahre. Zwar ging die Trainingsbestzeit von 7‘56‘‘1 an Ronnie Peterson in dem behänden Ferrari-Spider. Aber auf den beiden nächsten Plätzen folgten mit Gijs van Lennep im erstmalig beschwerdefrei laufenden offenen Gulf-Mirage John Wyers (8‘05‘‘5) und Rolf Stommelen im Alfa Romeo T33TT3 (8‘09‘‘7) immerhin zwei andere Fabrikate.

Regen und Ölspuren führten zu zahlreichen Havarien. Das Ferrari-Quartett Peterson/Tim Schenken und Brian Redman/Arturo Merzario überstand die Widrigkeiten der „Grünen Hölle“ am besten und überquerte die Ziellinie nach sechs Stunden fast auf den Glockenschlag, dahinter der erste Alfa Romeo mit Andrea de Adamich und Helmut Marko am Volant.

Die Wyer-Riege van Lennep/Derek Bell wurde nach 42 Runden von ihrem Cosworth DFV im Stich gelassen. Gleichwohl langte es zur vierten Position. Im 17. Durchgang hatte Clay Regazzoni, in Führung liegend, seinen Ferrari 312PB an der Hohen Acht in die Leitplanke geschmettert, sehr zum Verdruss seines Teamgefährten Jacky Ickx. Längst jenseits des Zenits seiner Formel-1-Karriere, konnte sich der Belgier zwei Monate später beim Großen Preis von Deutschland allerdings dafür schadlos halten. Nur die Kaltverformung des roten Renners durch den raubeinigen Tessiner verhinderte somit einen Ferrari-Dreifachsieg.

Die Änderungen am technischen Reglement bei den Rennen der Sportwagen-WM wirkten sich übrigens 1972 auch negativ auf das Zuschauerinteresse bei diesem 1000-km-Rennen auf der Nordschleife aus. Nur knapp 30.000 Personen waren zur Veranstaltung in die Eifel gekommen. Durch die Reduzierung des Motorhubraums auf drei Liter waren Fahrzeuge wie beispielsweise der Porsche 917 bei diesen Rennen nicht mehr startberechtigt. Porsche hatte sich werkseitig bereits aus der Weltmeisterschaft zurückgezogen und war auch am Nürburgring nicht mehr vertreten.

Trips-Expositionen

Loersfeld 300

Das neue Domizil der Trips-Stiftung ist Schloss Loersfeld. Familiennachlass und Utensilien aus der Motorsportkarriere von Graf Trips sind auch im Automuseum Prototyp Hamburg, im ring°werk am Nürburgring und auf der Burg Wildenburg zu sehen.

Hier erfahren Sie mehr...

Wolfgang Graf Berghe von Trips

Trips 300

Wolfgang Alexander Graf Berghe von Trips, geboren am 4. Mai 1928 in Köln, aufgewachsen auf der väterlichen Burg Hemmersbach in Horrem, war der erste deutsche Rennfahrer, der nach dem Zweiten Weltkrieg einen Grand Prix gewann. Er siegte 1961 in Zandvoort/Holland …

Hier erfahren Sie mehr...

Der Rennsportfan

rennsportfan

Wer Details über den historischen Motorsport wissen will, der kann Jörg-Thomas Födisch fragen. Er ist ein wandelndes Lexikon und sein Privatarchiv in Deutschland und Europa wohl einzigartig. „Für mich hat der Rennsport einen großen Stellenwert“, sagt er. Gemeint ist Leidenschaft! …

Hier erfahren Sie mehr...

Ferrari 156 „Sharknose“

f156 300 o

Es gab einmal eine Zeit, in der sich die Konstruktionen der Rennställe gewaltig voneinander unterschieden. Heute gleichen sich in den Formel-Klassen die Boliden wie ein Ei dem anderen. Außergewöhnliche Fahrzeuge, wie etwa der Ferrari 156 „Sharknose“ der Jahre 1961 bis 1962 …

Hier erfahren Sie mehr...

Unvergessliche Große Preise

Unvergessliche Grands Prix

In den Jahren 1961 bis 2007 besuchte Jörg-Thomas Födisch mehr als 100 Läufe zur Automobil-Weltmeisterschaft. Er erlebte dabei Rennen, die in die Motorsport-Geschichte eingingen und sah Fahrer, die bereits zu Lebzeiten Legenden waren …

Hier erfahren Sie mehr...

Ferrari 156 „Sharknose“ Replika

F156 65 unpainted studio shot

Er bleibt für immer einer der schönsten Formel-1-Renner aller Zeiten, ein würdiger Weltmeisterwagen und für viele Fans auf tragische Weise mit dem Andenken an Wolfgang Graf Berghe von Trips verbunden. Kein einziges Original ist erhalten geblieben ...

Hier erfahren Sie mehr...

Graf Trips: Pionier des Kartsports

Trips Kart

Wolfgang Graf Berghe von Trips erwarb Anfang 1960 in Los Angeles ein Go-Kart und brachte es nach Deutschland. Er entwickelte die Idee, mit eigenen Mitteln und mit Unterstützung eines Automobilclubs sowie mehrerer befreundeter Firmen eine Kart-Rennstrecke zu bauen. …

Hier erfahren Sie mehr...

Graf Trips in der Formel 1

Trips Kart

Der Aufstieg von Wolfgang Graf Berghe von Trips vom Sport- und Tourenwagenfahrer in die Formel 1 dauert nur rund zwei Jahre: Von 1954 bis 1956 startet er auf Porsche und Mercedes, dann verpflichtet ihn Enzo Ferrari für die Königsklasse des Motorsports...

Hier erfahren Sie mehr...

Graf Trips, TCA und die Formel Junior

Trips TCA

Seit 1956 hatte Wolfgang Graf Berghe von Trips zum Renn- und Sportwagenbau in Italien intensiven Kontakt. So verfolgte er hautnah als Ferrari-Werksfahrer auch die Gründung der Formel Junior-Kategorie als Rennserie für italienische Nachwuchs-Piloten…

Hier erfahren Sie mehr...

Trips auf Titeln von Publikationen

Trips Titelseiten

Über die erfolgreiche Rennkarriere von Graf Berghe von Trips wurde in den Medien ausführlich berichtet. Das führte auch dazu, dass er auf zahlreichen Covern nationaler und internationaler Publikationen sowie mehreren Rennsportbüchern abgebildet wurde...

Hier erfahren Sie mehr...

In Beaulieu schlagen Oldie-Herzen hoch

Beaulieu

Eingebettet in der malerischen Naturlandschaft am Rand des National Parks befindet sich "Palace House", der Herrensitz des Auto-begeisterten Lord Montagu (1926 - 2015). Montagu, der die Veranstaltung 1967 ins Leben rief, stellt inmitten seines Areals zweimal im Jahr ...

Hier erfahren Sie mehr...

Trips: seine Sport- und Rennwagen

Trips Rennwagen

Innerhalb von acht Jahren pilotierte Wolfgang Graf Berghe von Trips zahlreiche Wettbewerbs-Fahrzeuge aus Stuttgart-Zuffenhausen, aus Stuttgart-Untertürkheim und aus Maranello. Trips gewann die deutsche Meisterschaft und die Europa-Bergmeisterschaft für Porsche ...

Hier erfahren Sie mehr...